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Stellenausschreibung: „Menschen mit Zuwanderungsgeschichte“ bevorzugt?

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african-668398_640„Die Stadtverwaltung Tübingen will Menschen mit Zuwanderungsgeschichte stärker beteiligen und ist an entsprechenden Bewerbungen besonders interessiert.“ Dieser Passus schmückt seit einiger Zeit Stellenausschreibungen der Stadt Tübingen. Was ist das für Sie: Eine gelungene Integrationsbemühung? Oder Wasser auf die Mühlen von Pegida?

Zwiespältige Formulierung

Die von der Stadt Tübingen gewählten Worte lassen viel Interpreationsspielraum zu. Arbeitsslose denken vielleicht: „Jetzt wird es offensichtlich, dass ‚wir Deutschen‘ überhaupt keine Chance bekommen! Überfremdung!!“

Aktuell sind Stellen für Erzieher und eine Sachbearbeiterstelle ausgeschrieben. Die Stadt suchte vor Kurzem einen Hausmeister. Überall wurde der Passus eingefügt.

Im Vergleich eine andere, gängigere Formel: „Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt.“ Daran stört sich niemand mehr. In der Praxis dürfen sich Behinderte oft wenig darüber freuen. Ein Hausmeister im Rollstuhl oder mit kaputten Schultern würde zwar bevorzugt. Aber wenn das überhaupt praktisch eine Rolle spielt: Faktisch wäre dieser Kandidat viel weniger geeignet, als ein gesunder Bewerber. So bleibt der Vorteil für Schwerbehinderte überschaubar.

Wie ist das mit den Zuwanderern? Ein „Mensch mit Zuwanderungsgeschichte“ (wer ist das überhaupt?) würde bevorzugt, wenn er gleich geeignet wäre. Mit gebrochenem Deutsch allerdings? Keine Chance – dann ist er oder sie nicht „gleich geeignet“. Also ist es doch kein Vorteil, eine Zuwanderungsgeschichte mitzubringen? Und wollen wir doch nur die „Parade-Ausländer“ sehen, denen man ihre Herkunft überhaupt nicht anmerkt? Und die keine Starthilfe mehr brauchen, so dass auch der Passus unangebracht ist?

Andererseits weicht die von der Stadt Tübingen gewählte Formulierung von der bei „Menschen mit Behinderung“ üblichen ab. Sie spricht gar nicht von der Bevorzugung bei gleicher Qualifikation, sondern lässt die Eignung außen vor. Muss man also befürchten, dass Menschen mit Migrationshintergrund in jedem Fall berücksichtigt werden und andere nicht, gleichgültig ob sie den Job wirklich können oder nicht?

Oder geht es nur um die Bewerbungen? So ist eine häufige Wortwahl, die auch die Stadt Tübingen bei Frauen und Männern benutzt: „Wir fordern qualifizierte Frauen (bzw. Männer) besonders zur Bewerbung auf“. Hier ist klarer, dass es um das Einreichen der Bewerbung geht und nicht schon um eine quasi-Einstellungszusage. Und zusätzlich wird hier die Qualifikation erwähnt.

Eigentlich kein schlechter Satz also. Wollte die Stadtverwaltung mit der davon abweichenden Wortwahl in Sachen Integration nur einfach sprachlich variieren? Und ein letzter Gedanke: Geht es eigentlich nur um den Abbau von Integrationsnachteilen oder um eine Bevorzugung der Eingewanderten?

Ihre Meinung? Fragen an Personaler und Bewerber

Nun würde mich interessieren, wie Sie als HR-Mitarbeiter die Sache sehen. Was halten Sie von der Formulierung? Und Sie als Bewerber aus Deutschland, Schwaben, zugewandert oder durch die Zuwanderung der Eltern geprägt: Was denken und fühlen Sie? Schreiben Sie Ihre Meinung gerne ins Kommentarfeld.


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